Kugelbauer aka Die schrille Etüde

Froschkönig war gestern.
War Kindheit.
War Unterricht in der Orientierungsstufe, beruhigend überschaubar.
Wo doch heutzutage alle Versionen gemischt sind …

Überaus warm scheint die Sonne, die Lehrerin döst, zupft an Publikationen, die verstreut liegen.
Topos Magazine. Städtebau. Science-Fiction.
Perry Rhodan. Kugelraumer. Kosmisch.
Sportteil, Beckenbauer, Cosmos. 181 Zentimeter groß ist er, das steht in der Zeitung, die spinnen die Männer, zu wenig Abwasch gibt es auf der Welt sie beschäftigt zu halten.
So warm!
Zeit für den Raum zwischen der Wirklichkeit.

Zahlen brüten. 181 …

Aus den Publikationen erhebt sich ein kariertes Männchen und formt eine Wanne in der Luft.
Ein Becken.
Zwei Hähne.
Drei Seifen.
Vier Handtuchhalter.
Fünf Quietscheenten.
Sechs Geburtstagskerzen, die sich zischend aus dem Wasser erheben und als Kugelformraumschiff rotieren.
Das Männchen lacht Farbflecke.

Die Lehrerin schreckt auf,liest aus Versehen im Sportteil.
Franz Anton Beckenbauer.

Der mittlere Name schlägt Kapriolen, die greift sich das Männchen aus der Luft und setzt sie als Käppi auf.
„Ich helfe Bob dem Builder“, erklärt es und kichert.
„Kryptisch, was? Ich bin Bob der Baumeister in der deutschen Science-Fiction. Ich baue Kugelraumer in Fußballdekor. Aber dazu brauche ich elf Konstruktionspunkte statt sechs. Und drei Buchstaben statt fünf.“

Der Lehrerin wird klar, dass sie in einem quittentrüben Alptraum steckt, schräg as schräg can be.
„Trübe Aussichten“, murmelt sie.
„Trüb?“, schrillt das karierte Männchen.
Die Quadratur eines Lidschlags lang erkennt sie einen Nagezahn in einem Froschgesicht. Hä?
„Ich bin der Baumeister, baue Becken, baue Kammern, Kammern in der Luft, alles Kosmisch oder was. Was?“
Energisch beginnt er  im freien Raum zu werkeln.

„Helfen, helfen“, singt es.

Die Lehrerin beginnt den Freitagmittag herbeizusehnen, die Doppelstunde mit den Fünftklässlern in jenem von der Sonne beschienenen Raum, dessen Fenster sie wegen der Eichenprozessionsspinner nicht öffnen dürfen, einfach um sich zu erholen von dieser Karogestalt, die baut und baut.
Zeitschleife.
Tor.

Hm. Vielleicht hätte ich diesem Interview über Städte der Zukunft im Topos Magazine nicht nachrecherchieren sollen …  Die normalerweise netten und freundlichen abc-Etüden befinden sich auf dem Sammelblog:

https://365tageasatzaday.wordpress.com/2019/06/16/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-25-26-19-wortspende-von-viola-et-cetera

 

8 Comments

  1. Kugelraumer im Fußballdekor. Äh, what???
    Perry Rhodan meets Beckenbauer meets Bob den Baumeister (mit Nagezähnen)?!
    Ich habe Kugelraumer recherchiert, der Rest … heiß heute, nicht?
    Alles kosmisch.
    Cool.
    Amüsierte, verwirrte Grüße
    Christiane

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      1. Hi Alexandra, der Link geht, aber ich verstehe trotzdem bloß Bahnhof. Kryptisch ist völlig okay 😉
        Danke trotzdem für den Hinweis auf Gucky. 😉
        Ich kenn mich bei Perry Rhodan irgendwie so gar nicht aus.

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